Europa: Rechte auf dem Vormarsch ?

"Islamfeindlichkeit hat Ausländerfeindlichkeit ersetzt". Von Mallik Özgan

"Islamfeindlichkeit hat Ausländerfeindlichkeit ersetzt und wieder hoffähig gemacht" diese These vertreten viele Muslime angesichts der Erfolge rechter Populisten in Europa. Die sichtbare Konsequenz ist nicht zuletzt ein möglicher Rückfall Europas in den Nationalismus alter Tage. Rhetorisch hat sich die rechte Bewegung und ihre Wortführer auch gegen Muslime, als unerwünschte "Ausländer" festgemacht und setzen weniger auf eine kulturell definierte europäische Identität, als vorallem auf "innere Sicherheit" und "autoritäre Staatsführung" als eigentlich nationale Ziele.

Man muß feststellen: Rechte Parteien profitieren nicht zuletzt auch von der gesellschaftlich akzeptierten Ächtung von Muslimen durch öffentlich-rechtliches Fernsehen(Debatten über, aber nie mit Muslimen) und die völlige Ignorierung von Muslimen durch die Politik. So leistet sich beispielsweise Deutschland nach wie vor, trotz internationaler Kritik, die verfassungsrechtlich skandalöse Benachteiligung der muslimischen Interessenvertretungen gegenüber Christen und Juden. Gerade jetzt bräuchten die Muslime aber eine starke Interessenvertretung. Die Bundesregierung lehnt dabei - bequemerweise - alle muslimischen Vertreter der Einfachheit halber als "Islamisten" ab. Nach neuen Vertreter sucht sie aber auch nicht.

Beim Umgang mit Muslimen offenbart sich viel als Rhetorik. So hat sich beispielweise die Grünen-Fraktion, die sich gerne als Vertreter von Minderheiten begreift, nur einmal nach dem 11. September werbewirksam vor den Kameras mit Muslimen getroffen. "Man wolle Muslime nicht allein lassen" verkündete Cem Özdemir im Oktober und ward nie mehr gesehen. Das sind erstaunliche Signale, sind doch immerhin um die 3 Millionen Bürger in Deutschland muslimischen Glaubens. Einen Abgeordneten oder muslimischen Lobbyisten gibt es aber nicht. Verschiedene Botschaften islamischer Länder nehmen die intolerante und abweisende Haltung der deutschen Politik zunehmend mit Kopfschütteln zur Kenntnis.

Zweifellos, so sehen es die Muslime, hat sich das Klima gegenüber Muslimen - zunehmend als Ausländer 2. Klasse definiert - verschärft. Die bewußt extrem weit gehaltene Begriffsbestimmung des "Islamismus" schürt die subjektive Angst der europäischen Bevölkerungen vor dem Islam. Es zeigt sich dabei als schwerer intellektueller Fehler, siehe beispielsweise die Nationaldebatte des Bundeskanzlers, die Muslime Europas - das wäre im Übrigen auch eine Lehre von Sebrenica - nicht ausdrücklich als Teil der europäischen Gesellschaft zu definieren.De facto fühlen sich Muslime in Europa - vorallem seit den September-Attentaten zunehmend ausgegrenzt.


Wohin führt das ? Seit 1999 in Österreich wurden in fünf Ländern sozialdemokratische Regierungen abgelöst. Fast in jedem Fall richtet sich die politische Rhetorik auch offen gegen die Anwesenheit von Muslimen - Forderungen an die betroffenen Parteien sich von islamfeindlichen Äußerungen zu distanzieren werden dabei in Europa kaum erhoben.


Niederlande: Die Christdemokraten werden statt Sozialdemokraten am 15. Mai in den Niederlanden stärkste Fraktion. Sie werden mit der zweitstärksten Kraft LPF des ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn , der sich mehrfach gegen die Präsenz von Muslimen ausgesprochen hatte, eine Koalition eingehen.

Portugal: Im März verlieren die Sozialisten des nach einer schweren Niederlage bei Kommunalwahlen zurückgetretenen Ministerpräsidenten Antonio Guterres die Mehrheit im Parlament. Neuer Ministerpräsident wird Jose Durao Barroso von der konservativen PSD, der mit der rechtskonservativen Volkspartei von Paulo Portas ein rechtsliberales
Bündnis eingeht.

Dänemark: Der Rechtsliberale Anders Fogh Rasmussen bildet nach Wahlen im November 2001 eine von der rechtspopulistischen Volkspartei unter Pia Kjaersgaard gestützte Regierung. Die rechte Partei hatte zuvor die "Ausweisung von Muslimen" aus Dänemark gefordert. Die neue Regierung trat ohne Proteste der EU an die Stelle der von Poul Nyrup Rasmussen geführten sozial-liberalen Koalition.

Italien: Die Mitte-Links-Koalition Ulivo von Ministerpräsident Giuliano Amato unterliegt bei Wahlen im Mai 2001 dem vom Medienunternehmer Silvio Berlusconi geschmiedeten Mitte-Rechts-Bündnis Casa delle Liberta. Dazu gehören die rechtsnationale Liga Nord von Umberto Bossi und die postfaschistische Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini. Beide Parteien sind als "anti-islamisch" bekannt und betreiben enstprechenden Kampagnen.

Österreich: Nach Wahlen im Oktober 1999 müssen die Sozialdemokraten (SPÖ) von Viktor Klima in die Opposition. Die Volkspartei (ÖVP) von Wolfgang Schüssel, bisheriger Partner in einer Großen Koalition, bildet mit den Freiheitlichen (FPÖ) des Rechtspopulisten Jörg Haider die Regierung.

Frankreich: Offen ist, ob sich der Trend der jüngsten Präsidentenwahl bei den Parlamentswahlen im Juni fortsetzt. Der Konservative Jacques Chirac wurde am 5. Mai als Präsident wiedergewählt, nachdem der Rechtsextreme Jean-Marie Le Pen bei der 1. Runde am 21. April den Sozialisten Lionel Jospin aus dem Kandidatenrennen geworfen hatte.
Jospin trat als Premierminister zurück. Le Pen definierte sich vorallem gegen die algerische Minderheit in Frankreich.

Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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