Dienstag, 11. März 2003
"Es geht ums Ganze,
... nicht ums Öl"
In Amerika ist es wirklich nichts Besonderes, dass Ölmanager mit am
Kabinettstisch sitzen. Es ist auch wirklich nichts Besonderes, dass
amerikanische Wirtschaftsführer häufig in die Politik wechseln.
So kommt es wohl auch, dass derzeit der Eindruck entsteht, im
Irak-Konflikt gehe es nur um die zweitgrößten Ölvorkommen der Welt.
Dabei hat doch US-Präsident George W. Bush in seiner Radioansprache am
1. März ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im Irak auch um
Umweltschutz geht: "Wir werden versuchen, die Naturressourcen des Irak
vor der Sabotage eines sterbenden Regimes zu schützen".
Dass hier der Eindruck entsteht, die Ölwirtschaft hat ungewöhnlich
starken Einfluss auf Amerikas Politik, ist offenbar Zufall. Und Zufall
ist auch, dass Bush jun. 1999 in seiner Autobiographie schreiben ließ:
„Ich bin fasziniert von der Ölindustrie“. Und: „Alle meine Freunde
hatten auf die eine oder andere Weise etwas mit der Ölwirtschaft zu
tun.“
Und diese Freunde hat der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
nur folgerichtig in sein Kabinett geholt. Sicherheitsberaterin
Condoleezza Rice zum Beispiel oder Wirtschaftsminister Donald Evans, das
ist Bushs bester Kumpel in Washington. Die Staatssekretäre für Handel
und für Energie, Spencer Abraham und Kathleen Cooper, haben ihre
gesamte berufliche Karriere im Erdölsektor gemacht. Rice war acht Jahre
lang, von 1991 bis 2001, Aufsichtsratsmitglied der Ölfirma Chevron.
Chevron dankte es ihr und Rice durfte einen 136.000 Tonnen-Tanker auf
ihren Namen taufen: „Ich taufe dich auf mich.“ Und Evans arbeitete einst
bei der Öl- und Gasfirma Tom Brown in Denver (Colorado).
Die vier von der Tankstelle
Bush, selbst Sohn eines Ölunternehmers,
gründete 1978 seine erste Ölfirma, Arbusto, und umgab sich dabei mit
zweifelhaften Geschäftspartnern. Es hält sich übrigens hartnäckig das
Gerücht, dass darunter ein Halbbruder Osama bin Ladens, nämlich Salim
bin Laden, gewesen sein soll.
Als Manager ließ sich Bush vom eigenen Unternehmen verbilligte Kredite
einräumen, mit denen er dessen Aktien erwarb, um den Kurs in die Höhe zu
treiben. Eine Praxis, die er später als Präsident abschaffte. Die
Börsenaufsicht bekam Wind von der Sache und ermittelte gegen den
damaligen Präsidentensohn wegen Insidergeschäften. Das Verfahren wurde
eingestellt.
Auch Bushs Stellvertreter, Dick Cheney, liebt das schwarze Gold. Erst
war Cheney Verteidigungsminister in Vater Bushs Regierung, bevor er sich
dann 1995 beim größten Öldienstleister der Welt, Halliburton, als Chef
einstellen ließ. Später kam heraus, dass Halliburton unter seiner
Führung die Finanzen geschönt hatte. Und jetzt, und damit zurück an den
Golf, hat die US-Regierung damit begonnen, den Wiederaufbau Iraks in der
Zeit nach einem Krieg zu organisieren. Insgesamt seien schon Bauaufträge
im Volumen von bis zu 900 Mio. US-Dollar ausgeschrieben worden,
berichtete das "Wall Street Journal". Unter den Firmen, die ein Angebot
abgegeben hätten, sei auch eine Tochter des Halliburton-Konzerns.
Der US-Schriftsteller Gore Vidal schrieb kürzlich: „Dass sich ein
Großteil der Welt gegen den Krieg ausspricht, scheint bei Bush sen. vom
Rüstungsinvestor Carlyle Group, Bush jun. von der Ölfirma Harken, Cheney
vom Fördertechnikkonzern Halliburton, Condoleezza Rice von Chevron und
Rumsfeld von Occidental lediglich hektische Flecken auf den Wangen
hervorzurufen. Wenn es je eine Regierung gab, die ihre Finger vom
Geschäft mit der Energieversorgung lassen sollte, dann unsere
gegenwärtige Junta.“ Und das ist nun wirklich nichts Besonderes.
Peter Poprawa
Adresse:
http://www.n-tv.de/3106338.html
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