Originaltext

Sura 106

(© Mürsid 1.0, astec GmbH)

106-AL-QURAISCH

Übersetzung

Die Qurais (offenbart in Mekka)

Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen

1. Wegen der Vorliebe der Quraisch,

2. Ihrer Vorliebe für Reisen im Winter und Sommer,

3. Sollten sie den Herrn dieses Hauses verehren,

4. Der sie gespeist hat gegen Hunger und sie sicher gemacht vor Furcht.

  KOMMENTAR


Kommentar

Diese Sura ist nach allgemeiner Lehrmeinung in Mekka offenbart worden.

Sie steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sura 105 (AL-Fil, Der Elefant), denn Allah (t) macht in dieser 106. Sura Seine Gute und Barmherzigkeit gegenüber dem arabischen Stamm der Qurais deutlich: Er bewirkte ihre Vereinigung und Stärke, indem Er das Heer des Yemeniten Abraha, wie Sura 105 berichtet, vernichtend strafte. Das verwerfliche Vorhaben Abrahas, die Kâ'ba zu zerstören, wurde also nicht nur von Allah (t) vereitelt, sondern führte sogar noch zu Vorteilen für die Qurais: Ihre Rolle als Wächter der Kâ'ba und ihre Stellung auf der arabischen Halbinsel gewannen in den Augen der übrigen Araber an Ansehen, und niemand wagte mehr, sie anzugreifen. Dies hatte auch positive Auswirkungen auf die Handelskarawanen der Qurais.

Auf diese Einheit und Macht der Qurais nehmen die beiden ersten Verse dieser Sura Bezug:

»Für die Vereinigung der Qurais (1), für ihre Vereinigung zur Reise in der Winter- und Sommerkarawane (2) « Aus diesen beiden Versen ergibt sich also, daß Allah (t) mit der Vereitelung des Vorhabens von Abraha auch die Stärkung und Sicherheit Makkas und seiner Einwohner, der Qurais, sowie die ihrer Karawanen zur Winter- und zur Sommer-zeit bezweckt hatte. Im Winter pflegte eine Karawane der Qurais südwärts in den Yemen zu ziehen, weil es dort im Sommer zu heiß war, während eine Karawane im Sommer in den Norden nach Syrien zog, wo es im Winter kühl wurde. Die Einnahmen aus diesen beiden großen Handelskarawanen bildeten die Lebensgrundlage der Qurais; Macht und Ansehen und die daraus resultierende Sicherheit ihrer Karawanen waren also von enormer Bedeutung für sie. Daß Allah (t) den Qurais zu dieser Vormachtstellung verhalf, war ein deutlicher Gnadenbeweis ihnen gegenüber.

Für die Qurais hätte sich nun ein selbstverständliches Dankbarkeitsgefühl gegenüber Allah (t) als dem Spender dieser Wohltat ergeben sollen.

Deshalb heißt es auch im nächsten Vers:

»So sollen sie denn dem Herrn dieses Hauses dienen!« Nachdem Allah (t) in den ersten beiden Versen Seine umfassende Gnade in Erinnerung gerufen hat, besagt dieser Vers also:

»Wenn ihr Mich vorher nicht als den alleinigen und allmächtigen Herrn angebetet und Meinen Geboten nicht gehorcht habt, wollt ihr dann nicht jetzt, da ihr Meine Güte und Barmherzigkeit klar vor Augen habt, Meinen Gesetzen folgen und Mich allein anbeten?« Allah (t) nennt Sich in diesem Vers ,Herr des Hauses« , d. h. Herr der Kâ'ba« .

Betrachten wir zunächst das Wort rabb, das hier mit »Herr« übersetzt wurde. Es ist einer der neunundneunzig Namen Allahs (t), die im Qur'an genannt werden, und hat auch die Bedeutung von »Gebieter«, »Besitzer« , »Eigentümer«, »Leiter«, »Angebeteter« oder »Erhalter« . Betrachtet man dieses Wort U'ter der zuletzt genannten Bedeutung, so weist dieser Ausdruck wiederum hin auf die Errettung der Kâ'ba durch Allah (t), wie sie in Sura 105 geschildert wird. Zum anderen stellt dieser Ausdruck klar, daß es nur einen »Herrn der Kâ'ba« gibt; die Araber verehrten nämlich in der Kâ'ba viele Götzen und Göttinnen. Dieser Vers weist deshalb noch einmal ausdrücklich auf die Tatsache hin, daß es nur einen Herrn gibt, Den man anbeten darf, nämlich Allah (t).

Im letzten Vers dieser Sura heißt es:

„Der ihren Hunger gestillt...hat. Gemeint ist Allah (t), Der den Stamm der Qurais vor Hunger bewahrt hat. Hierzu gibt es zwei Erklärungen: Die eine besagt, daß durch den ungestörten Verlauf der Handelskarawanen der Lebensunterhalt der Qurais gesichert war. In der anderen Erklärung wird auf einen Vorfall Bezug genommen, der sich zwischen den Qurais und dem Propheten Muhammad (a.s.s.) ereignet hatte. Als nämlich die Qurais das Prophetentum Muhammads leugneten und seine Botschaft nicht annehmen wollten, brach eine große Hungersnot infolge einer Dürrezeit aus. Da kamen ihre Anführer zu Muhammad (a.s.s.) und baten ihn, für sie bei Allah (t) Fürsprache einzulegen. Als Muhammad (a.s.s.) dieser Bitte nachgekommen war, ging durch Allahs Nachsicht die Trokkenperiode zu Ende, und die Hungersnot war vorbei.

Im zweiten Teil des letzten Verses lesen wir:

»und sie vor Furcht sicher gemacht hat«.

Auch hierzu gibt es zwei Erklärungen: In der einen heißt es, daß das Freisein von Furcht vor Abrahas Heer und seinen Elefanten gemeint sei. Andere sagen, es handele sich allgemein um ungestörtes Leben in Makka, frei von Furcht und Angst.

Dieser Zustand war im vorislamischen Arabien keineswegs der Normalfall; so war es z. B. üblich, Sklaven zu machen von einzelnen Personen oder sogar Gruppen, die ohne Schutz reisten oder sich außerhalb ihres Wohngebietes begaben, indem sie dann von einer stärkeren Schar eines anderen Stammes überfallen, entführt und in die Sklaverei verkauft wurden. Daß die Einwohner von Makka auch davor sicher waren, darauf nimmt Sura 29 (Al-'Ankabüt, Die Spinne), Vers 67 ausdrücklich Bezug:

»Haben sie (d. h. die Qurais oder die Götzendiener allgemein) denn nicht gesehen, daß Wir (im Gebiet von Makka) einen heiligen Bezirk gemacht haben, der sicher ist, während die Leute in ihrer (d. h. der Qurais) Umgebung geraubt (entführt) werden?«

Da jedoch die Kâ'ba in Makka für alle heidnischen Araber ein gemeinsames Heiligtum und ein Wallfahrtsort war, waren sie sich auch über die Unverletzlichkeit des Gebietes von Makka einig, und Makka war eine Stätte des Friedens und der Sicherheit, so wie es Abraham (a.s.) einst von Allah (t) erbeten hatte.

Lehre

  1. Allah (t) ließ dem arabischen Stamm der Qurais, den Wächtern der Kâ'ba, besondere Wohltaten zukommen.
  2. Der Herr der Kâ'ba ist allein Allah (t).
  3. Der Mensch soll der Wohltaten Allahs (t) gedenken und Allah (t) dafür dankbar sein, indem er sich Ihm in anbetender Verehrung in allen Dingen gehorsam erweist und Ihm dient.
  4. Allah (t) hat Makka als heiligen Bezirk mit vollkommener Sicherheit vorgesehen.
  5. Allah (t) stellt dem Menschen den Lebensunterhalt zur Verfügung, wie Er es für richtig hält

Und Allah (t) weiß es am besten!