Originaltext
Sura 114
(© Mürsid 1.0, astec GmbH)
Übersetzung
Die Menschen (offenbart in Mekka)
Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen
1. Sprich : "lch nehme meine Zuflucht beim Herrn der Menschen,
2. Dem König der Menschen,
3. Dem Gott der Menschen,
4. Vor dem Übel des schleichenden Einflüsterers
5. Der da einflüstert in die Herzen der Menschen
6. Unter den Dschinn und den Menschen."
Diese letzte Sura des Qur'an, eine der beiden sogenannten Schutz-Suren, wurde nach überwiegen-der Meinung der Islam-Wissenschaftler in Makka offenbart - zusammen mit der anderen Schutz-Sura, Nr. 113. Inhalt dieser letzten Sura ist eben-falls die Zuflucht zu Allah (t) vor Übel, das den Menschen bedroht - die Isti'âda.
Die drei ersten Verse dieser Sura weisen zunächst noch einmal darauf hin, daß Allah (t) die einzige Zufluchtsmacht vor allem Übel ist - dies sagte ja auch schon die vorhergehende Sura aus. Allah (t) wird in diesen drei Versen durch drei Eigenschaften beschrieben: Er ist der Herr der Menschen, ihr König und ihr Gott.
Er ist also der Besitzer der Menschen, ihr »Gebieter«, »Eigentümer«, »Leiter« und »Erhalter«, Derjenige, der Macht über sie ausübt und über sie verfügt (dies alles bedeutet das arabische Wort rabb), und Er ist Derjenige, Der sie als »König« und »Herrscher« (mâlik) am Tag des Jüngsten Gerichts für ihre Taten auf Erden zur Verantwortung ziehen wird. Die dritte hier genannte Eigenschaft, ilâh, »Gott«, bedeutet, daß einzig und allein Allah (t) es ist, Der angebetet werden darf, und daß niemand und nichts Ihm zur Seite gestellt werden darf. Die Lehre des Tauhid wird also in den ersten Versen dieser Sura noch einmal nachdrücklich betont.
In jedem dieser drei Verse wird das Wort »Menschen« genannt: Dadurch werden zum einen die Eigenschaften Allahs (t) besonders hervorgehoben, zum anderen zeichnet Allah (t) dadurch je-doch auch die Menschen aus, denn Allah (t) ist ja Herr der gesamten Schöpfung, von der die Menschen nur einen kleinen Teil ausmachen.
Auch die Reihenfolge der drei genannten Eigenschaften Allahs (t) hat einen besonderen Sinn: Zu-erst hat Allah (t) kraft Seiner Allmacht und als Herr des Universums alles erschaffen; sodann übt Er die Herrschaft und die Gerichtsbarkeit in Seiner Eigenschaft als Besitzer alles von Ihm Erschaffenen aus; und nachdem der Mensch nun erfahren hat, daß er von Allah (t) erschaffen worden ist und Ihm gehorchen muß, lehrt Allah (t) ihn, daß nur Er allein angebetet werden darf, daß Er der einzige Gott ist und daß es keine andere Gottheit neben Ihm gibt.
Man kann in dieser Reihenfolge der Eigenschaften auch eine Steigerung sehen: Ein König oder Herrscher besitzt mehr Macht als nur ein »Herr«, und ein Gott ist wiederum mächtiger und größer als ein König. Dies macht die überragende Stellung Allahs (t) als einziger Gott aller Menschen, auch wenn es unter diesen Herren und Könige gibt, nur noch deutlicher. Darüberhinaus stehen die drei genannten Eigenschaften Allahs (t), wie wir noch sehen werden, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Inhalt der folgenden Verse.
Im vierten Vers erfahren wir nun, wovor wir bei Allah (t) Zuflucht suchen sollen:
»Vor dem Übel des Einflüsterers«.
Al-Waswasa ist jene lautlose Stimme, die ins Bewußtsein des Menschen dringt und sich Gehör zu verschaffen sucht, indem sie das Denken, Wollen und Handeln des Menschen zum Negativen hin beeinflußt und den Menschen dazu veranlaßt, von der von Allah (t) vorgeschriebenen Verhaltens-norm abzuweichen; und al-waswas ist der Urheber dieser Stimme - »der Einflüsterer« oder »der Versucher«, der Teufel. Vor ihm sollen wir bei Allah (t) Schutz suchen, damit sein Übel, die »Einflüsterung«, nicht dazu führt, daß wir dieser Versuchung erliegen und unsererseits eine »üble« Tat begehen - eine Sünde, d. h. also, eine Handlung, die Allah (t) verboten hat, weil sie unrecht bzw. ungerecht oder schädlich ist und für die uns Allah (t), »der König der Menschen«, am Tage des Jüngsten Gerichts zur Verantwortung ziehen wird.
Daß diese »Einflüsterung des Teufels« der Ursprung aller Sünden ist, wird an vielen Stellen im Qur'an gesagt, z. B. in Sura 17 (Al-'lsrâ= Die Nachtreise), Vers 61 bis 65:
»Und (damals,) als Wir zu den Engeln sagten: ,Werft euch vor Adam nieder! <, da warfen sich alle nieder außer Iblis. Er sagte: »Soll ich mich vor jemandem niederwerfen, den Du aus Ton erschaffen hast (61)?< Er sagte (weiter): »Was denkst Du wohl von dem da, dem Du mir gegenüber mehr Ehre erwiesen hast? Wahrlich, wenn Du mir bis zum Tag der Auferstehung Aufschub gewährst, dann werde ich seine (d. h. Adams) Nachkommenschaft bis auf wenige ausrotten (durch die teuflische Versuchung, der sie dann erliegen und die sie ins Höllenfeuer bringt) (62)!< Er (Allah) sprach: ,Geh weg! Wer (auch immer) von ihnen dir folgt, so soll die Hölle euer Lohn, ein reichlicher Lohn sein (63). Und schrecke mit deiner Stimme auf, wen von ihnen du (immer) kannst, und hetze deine Reiterei und dein Fußvolk (= deine Heerscharen) auf sie, und sei ihr Teilhaber am (verbotenen) Vermögen und an den (unehelichen) Kindern und mache ihnen Versprechungen!« - Doch was der Satan ihnen verspricht, ist nur Trug (64). ,Meine (eigentlichen) Diener, über sie hast du keine Gewalt« Und dein Herr genügt als Sachwalter (65).«
Und in Sura 18 (Al-Kahf, Die Höhle), Vers 50 heißt es:
»...Da warfen sich (alle) nieder außer Iblis. Der war einer von den Ginn. Und er versündigte sich, indem er dem Befehl seines Herrn nicht nachkam. Wollt ihr nun ihn und seine Nachkommen an Meiner Statt zu Freunden nehmen, wo sie euch doch feind sind? Ein schlechter Tausch für die Frevler!«
Wie uns der Qur'an lehrt, wurde Iblis* zum Stammvater aller Saiyâtin. Das arabische Wort Saitan, die Einzahl von Sayâtin, bedeutet »übles Wesen« - es entspricht also in seiner Bedeutung in etwa dem deutschen Begriff »Teufel«, und seine Verwandtschaft mit dem Wort »Satan« ist unübersehbar. Wie bereits der im Qur'an verwendete Mehrzahlbegriff Sayâtin zeigt, gibt es also nicht nur den (einen) Teufel - vielmehr ist die Verwendung des Einzahlbegriffs als Abstraktion für »die Teufel« zu verstehen.
Welch ungeheures Ausmaß des Übels »der Teufel« seit jenem in Sura 2 geschilderten Geschehen bewirkt hat und bewirkt, bedarf keiner näheren Erläuterung - trotzdem hat er, wie Allah (t) uns im Qur'an immer wieder darlegt, keine Macht über die Menschen in dem Sinne, daß sie zwangsläufig seiner Beeinflussung nachgeben müßten; so heißt es z. B. in Sura 14 (Ibrâhim, Abraham), Vers 22:
»Und der Satan sagt, nachdem die Angelegenheit (durch das jüngste Gericht) entschieden ist: »Allah hat euch ein wahres Versprechen gegeben. Aber ich habe euch ein Versprechen gegeben und (es) dann gebrochen. Und ich hatte keine Voll-macht über euch. Ich habe euch vielmehr (nur) gerufen, und ihr habt mir Gehör geschenkt. Des-halb tadelt nicht mich! Tadelt euch selber!...«
Derjenige, Der die tatsächliche Macht über die Menschen ausübt, ist vielmehr Allah (t) selbst; dazu lesen wir z. B. in Sura 48 (Al-Fath, Der Sieg), Vers 11:
»...Sag: Wer vermochte gegen Allah etwas für euch auszurichten, wenn Dieser vorhat, euch Schaden zuzufügen, oder wenn Er umgekehrt vorhat, euch Nutzen zu bringen?«
- und wie wir gesehen haben, weist uns Allah (t) durch die Worte rabbi-n-nâs, »Herr der Menschen«, zu Beginn dieser Sura noch einmal ausdrücklich auf diese Tatsache hin.
In diesem vierten Vers wird noch eine zweite Eigenschaft des Satans genannt: al-hannâs, »der, der sich zurückzieht, dann jedoch wieder- kehrt«. Der Satan wird mit dieser Eigenschaft deshalb bezeichnet, weil er sich in die Herzen der Menschen einzuschleichen versucht, sich aber sofort wieder zurückzieht, wenn der Gläubige sich auf Allah (t) besinnt und bei Ihm Zuflucht vor dem Teufel sucht. Einem Hadit zufolge, der von Al-Buhâri überliefert wurde, drückte der Prophet Muhammad (a.s.s.) dies so aus:
»Der Satan hockt auf dem Herzen des Menschen; wenn dieser nun Allahs (t) gedenkt, zieht er sich zurück, und wenn er unachtsam ist, flüstert er Böses ein.«
Die Nennung dieser Eigenschaft des »Entweichers« weist also auch unmittelbar auf die Wirkung der Isti'âba hin.
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* Vgl. das griechische Wort Diabolos..
Nachdem wir nun zwei Eigenschaften des Satans kennengelernt haben, erfahren wir eine weitere im fünften Vers dieser Sura, in dem es heißt:
» der in die Brüste der Menschen einflüstert«. ···,
Auf welche Weise dieses »Einflüstern« vor sich geht, ist im folgenden Hadit bei Al-Buhâri und Muslim geschildert:
»Fürwahr, der Satan geht dem Menschen in Fleisch und Blut über.«
Und in einem anderen Hadit bei Al-Buhâri heißt es:
»Wenn zum Gebet gerufen wird, entflieht der Saytan und läßt einen Wind streichen, damit er den Adam nicht hört. Wenn aber der An beendet ist, kommt er zurück, bis die Iqâma ertönt; dann entflieht er. Und wenn die Iqâma beendet ist, kehrt er zurück, um dem Menschen in sein Herz einzuflüstern: ,Denk an dies, denk an das!', Dinge, an die er vorher nicht gedacht hat, bis der Mann schließlich nicht mehr weiß, wieviel er gebetet hat.«
Der Betende wird also durch Gedanken an andere Dinge so vom Gebet abgelenkt, daß er sich schließlich nicht sicher ist, ob er z. B. drei oder vier Rak'as gebetet hat.
Aus diesem Grund empfiehlt Allah (t) dem Gläubigen die Isti'á - als besonderen Schutz sogar vor dem Gebet; so heißt es in Sura 16 (An-Nahl, Die Bienen), Vers 98:
»Und wenn du nun den Qur'an rezitieren willst, so nimm deine Zuflucht zu Allah vor dem verfluchten Satan (indem du die Isti'â- sprichst)!«
Eine Art des Teufels, Unheil zu säen, ist also das Ablenken - er läßt den Menschen so lange an et-was anderes denken, bis dieser schließlich vergißt, was er getan hat oder tun wollte; betrachten wir dazu auch den 63. Vers der Sura 18 (Al-Kahf, Die Höhle), in dem Allah (t) an das erinnert, was der Begleiter des Mose (a.s.) sagte:
». . . Und da habe ich den Fisch vergessen. Aber nur der Satan hat mich ihn vergessen lassen...« Diese Beeinflussung zum Schlechten kann z. B. auch so vor sich gehen, daß der Teufel zunächst den Menschen dazu bringt, an unrechte, verbotene Handlungsweisen zu denken und sie ihm als gut, schön, empfehlenswert oder zumindest als weniger verderblich und gefährlich als angenommen erscheinen läßt. Dadurch weckt er im Menschen den Wunsch danach, steigert den Wunsch zum Verlangen und malt das Verbotene in so verlockenden Farben aus, bis diese »Einflüsterung« schließlich im eigenen Willen des Menschen auf-geht und ihn dazu veranlaßt, die ihm von Allah (t) gegebene Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu einer verbotenen Handlungsweise, einer Sünde, zu mißbrauchen - Beispiele für diese (versuchte) Einflußnahme des Teufels kann jeder in ausreichendem Maße bei kritischer Selbstbetrachtung finden.
Gelingt es dem Teufel häufiger, den Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, so wird der Mensch dadurch sogar allmählich das Bewußtsein, daß dieses Verhalten unrecht ist, verlieren - »fürwahr, der Satan geht dem Menschen in Fleisch und Blut über.« Das schlechte Gewissen regt sich schließlich beim Menschen nicht mehr, denn diese Handlungsweise ist nun ganz normal geworden, und im Gegenteil: sie er-scheint dem Menschen nun sogar als gut und richtig -
»...ihr Herz verhärtet sich, und der Satan ließ ihnen, was sie (an Sünde) taten, im schönsten Licht erscheinen« heißt es dazu in Sura 6 (Al-An'ám, Das Vieh), Vers 43.
Betrachten wir in diesem Zusammenhang noch einmal Vers 3 dieser Sura: Nicht umsonst weist uns Allah (t) zu Beginn dieser Darlegung über das Übel durch die Beeinflussung des Teufels darauf hin, daß Er »der Gott der Menschen« ist; dies beinhaltet ja auch, daß die Menschen nur einzig und allein Seinen Normen folgen dürfen und sich da-neben nicht an anderen Normen orientieren dürften - auch wenn der Teufel sie in noch so verlokkendem Glanz erstrahlen läßt.
Führen wir die oben begonnenen Gedanken noch weiter :
Die Beeinflussung durch den Teufel hat zunächst einmal negative Auswirkungen für den einzelnen selbst - nämlich indem er sich schuldig macht - und gegebenenfalls auf die Menschen in seiner Umgebung, denen er durch sein falsches Verhalten Unrecht tut oder schadet; sie kann in der oben beschriebenen Weise aber auch sehr weitreichende Konsequenzen haben: Denken wir z. B. an die allmähliche Aufweichung von Normen in einer Gesellschaft, speziell an die Verwässerung des Islam durch neue, »moderne« Ideen und Lehren, die vom Propheten Muhammad (a.s.s.) nicht gelehrt wurden und die dem Unglauben Tür und Tor öffnen, indem sie die Menschen immer mehr von der wahren Lehre Allahs (t) entfernen. Es zeigt sich also, wie wichtig es ist, bereits den Anfängen zu wehren, um nicht in einen »Teufelskreis« zu geraten - dies gilt sowohl für den einzelnen als auch für die islamische Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit.
Betrachten wir abschließend zu diesem fünften Vers der 114. Sura noch eine Besonderheit des sprachlichen Ausdrucks: Das arabische Wort sudür bedeutet eigentlich »Brüste«, es kann aber auch »Herzen< bedeuten. Die Brust ist sozusagen das Haus, in dem das Herz wohnt. Einen ähnlichen Unterschied macht Allah (t) in der dritten Sura (Al-'lmrân, Die Sippe 'Imrâns), Vers 154: »...und damit Allah prüft, was in euren Brüsten ist, und untersucht, was in euren Herzen ist. Und Allah kennt das Innerste der Brüste.«
Im letzten Vers dieser Sura heißt es:
»..., von den Ginn und den Menschen«.
Ober die Bedeutung dieses Verses gibt es bei den Qur'an-Kommentatoren unterschiedliche Meinungen: Eine Gruppe ist der Ansicht, dieser Vers sei eine Erläuterung zu »Brüste der Menschen« im vor-hergehenden Vers, d. h., es ergäbe sich die Bedeutung, daß der Satan in die Brüste der Menschen und in die Brüste der Ginn einflüstert - auch die Ginn verfügen ja, wie uns der Qur'an lehrt, über Willens- und Entscheidungsfreiheit und können in Obereinstimmung mit den Gesetzen Allahs (t) oder gegen sie handeln.
Die zweite, mehrheitliche und wahrscheinlichere Interpretation besagt, dieser Vers beziehe sich auf den Ausdruck »der einflüstert« im vorhergehen- den Vers; als Bedeutung ergibt sich dann, daß sowohl die Ginn als auch die Menschen zu den teuflischen Einflüsterern gehören. Diesen Sachverhalt können wir auch anderen Qur'an-Versen entnehmen; so heißt es z. B. im Vers 112 der sechsten Sura (Al-An'am, Das Vieh):
»So haben Wir für jeden Propheten (gewisse) Feinde bestimmt; die Satane der Menschen und der Ginn...«
Eine dritte Meinung der Kommentatoren besagt, daß dieser fünfte Vers an die ersten drei Verse anknüpfe; damit ergibt sich die Bedeutung: »Ich suche meine Zuflucht vor dem Übel der Ginn und der Menschen.«
Diese letztere Bedeutung ist gar nicht so weit von der zweiten entfernt - ist doch jemand, der Böses mit einem vorhat, sei es ein Mensch oder ein Ginn, ein teuflisches Wesen, also ein »Freund« des Saytâns oder selbst solch ein »übles Wesen«. Und vor Jemandem, der Gutes mit einem vorhat, braucht man nicht Zuflucht zu suchen. Allerdings kann manches »Übel der Ginn und der Menschen« auch ohne böse Absicht verursacht werden, so daß nicht jeder Verursacher von Übel ein Teufel sein muß.
Nicht umsonst hört man zuweilen, daß ein Mensch einen anderen als Teufel bezeichnet; damit will man keineswegs bestreiten, daß der so Bezeichnete ein Mensch ist, aber man will damit zum Ausdruck bringen, daß er die Eigenschaften eines Teufels in einem solchen Ausmaß besitzt, als wenn er selbst einer sei - und dies beinhaltet, wenn wir uns der Meinung der Mehrheit der Qur'an-Kommentatoren anschließen, dieser letzte Vers der Sura. Er weist uns also u. a. darauf hin, daß die »Stimme« des Einflüsterers auch sehr deutlich die Stimme eines »Freundes« sein kann, der uns zu etwas von Allah (t) Verbotenem überreden will. Er umfaßt aber z. B. auch die Verleumdung, die anderen über uns »eingeflüstert« wird; er beinhaltet das Übel, das uns von anderen droht, die durch teuflische Einflüsterung selbst teuflischen Charakter angenommen haben; und er macht uns darauf aufmerksam, daß uns auch Übel von den Ginn drohen kann.
Betrachten wir nun noch einmal den Aufbau dieser Sura:
Allah (t) fordert uns auf, bei Ihm Zuflucht zu suchen, und macht uns zunächst noch einmal auf Seine Eigenschaften aufmerksam: daß Er allein es ist, Der tatsächliche Macht über den Menschen hat, daß Er den Menschen für seine Taten zur Verantwortung ziehen wird und daß der Mensch nur den Normen Allahs (t) folgen darf. Nun erfahren wir, wovor wir Zuflucht suchen sollen, nämlich vor dem Übel des Teufels, und wir lernen die Eigenschaften des Teufels kennen: daß er »einflüstert« und daß er sich zurückzieht, wenn man sich auf Allah (t) besinnt. Danach wird das Tätigkeitsfeld des Teufels genannt: die »Brüste« und »Herzen« der Menschen. Und schließlich - so die Meinung der Mehrheit der Kommentatoren - legt Allah (t) die Erscheinungsform und Gestalt der Sayâtin dar, nämlich daß sie Ginn, aber auch Menschen sein können.
Diese Reihenfolge lenkt die Aufmerksamkeit auf den wahren Sachverhalt über den Satan und die Verbreitung des Übels, und Allah (t) klärt uns in dieser Sura darüber auf, um uns vor diesem Übel zu warnen und auf notwendige Abwehrmaßnahmen hinzuweisen. Und wie Allah (t) uns in dieser Sura und an vielen anderen Stellen im Qur'an lehrt, ist die grundlegende und wirksamste Abwehrmaßnahme die Isti'âda, die Zufluchtnahme zu Allah (t)- indem wir, wie: Allah (t) uns in dieser Sura befiehlt, ebendiese Sura sprechen, indem wir uns auf Ihn besinnen und auf das, was Allah (t) uns in dieser Sura darlegt. So heißt es auch in Sura 7 (Al-' A'rãf, Die Höhen), Vers 200 f:
»Und wenn dich eine Einflüsterung zum Schlechten von seiten des Satans reizt, so nimm deine Zuflucht zu Allah! Er ist (alles) hörend, wissend (200). Wenn diejenigen, die gottesfürchtig sind, eine Anwandlung vom Satan ergreift, gedenken sie, und gleich sehen sie (wieder klar) (201).«
Diese Besinnung erinnert uns immer wieder an die richtigen, von Allah (t) vorgeschriebenen Verhaltensnormen - sei es im Hinblick auf das Widerstehen gegenüber einer »eingeflüsterten« Versuchung, sei es im Hinblick auf die Art, wie das Übel menschlicher »Teufel« in Übereinstimmung mit der Lehre Allahs (t) ganz konkret bekämpft wer-den muß.
Die besondere Gefahr der Beeinflussung durch den Teufel liegt darin, daß wir nicht wissen und nicht wissenschaftlich nachweisen können, wie diese »Einflüsterung« konkret vor sich geht, wenngleich sich auch manche üble Nachrede, Verleumdung, Überredung zu etwas von Allah (t) Verbotenem oder z. B. die Politik eines pseudo-muslimischen Staatsmanns durchschauen lassen. Die Tatsache des Vorhandenseins dieser Beeinflussung und des uns verborgenen Übels hat uns Allah (t) in Seiner Gnade aber ausführlich im Qur'an mitgeteilt und uns von Seinem Gesandten Muhammad (a.s.s.) erläutern lassen; denn wenn Er dem Satan auch erlaubt hat, den Menschen zu versuchen und als Feind des Menschen tätig zu sein, so hat Er doch die Menschheit auf diese Gefahr aufmerksam gemacht und Abwehrmöglichkeiten gegeben - die wichtigsten sind der Verstand, die Willens- und Entscheidungsfreiheit und die Isti'ãba. Und daß der Mensch bei entsprechender Gottesfurcht und Aufrichtigkeit seines Glaubens endlich doch der Stärkere und Besieger des Teufels sein kann, beweist der bereits zitierte Hadit:
»Der Satan hockt auf dem Herzen der Menschen; wenn dieser nun Allahs (t) gedenkt, zieht er sich zurück, und wenn er unachtsam ist, flüstert er Böses ein.«
Möge Allah (t) alle Gläubigen vor dem Satan in Schutz nehmen und ihnen die Kraft geben, seiner Einflüsterung zu widerstehen. Amin!
Lehre
1) Die Sura 114 (An-Nás, Die Menschen) ist eine Schutz-Sura.
2) Eine wirksame Verteidigung gegen alles Übel bietet diese Schutz-Sura in Verbindung mit der zweiten Schutz-Sura, Nr. 113 (Al-Falaq, Das Morgengrauen).
3) Außer Allah (t) gibt es niemanden, den der Gläubige um Schutz bitten darf.
4) Allah (t) ist der Erschaffer des gesamten Uni-versums.
5) Der Beherrscher und Besitzer des gesamten Universums ist nur Allah (t).
6) Ursprung aller Sünden ist die Einflüsterung des Satans.
7) Der Satan zieht sich vom Herzen des Gläubigen zurück, wenn dieser Allahs (t) gedenkt.
8) Die Teufel sind Jinn, aber auch Menschen können teuflische Eigenschaften in solchem Maße annehmen, daß sie in ihrem Charakter Teufeln gleichen.
Und Allah (t) weiß es am besten!
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Sadaqa-tül-'azim
Allah der Allergrößte hat die Wahrheit gesagt.