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Emine Ates

Islamisches Scheidungsrecht

A. Scheidungsrecht

 I. Ehestörungen

1. Maßnahmen bei Ehestörungen nach islamischem Recht

a) Maßnahmen im Falle des Nuschuth (der Auflehnung bzw. des widerrechtlichen Verhaltens) der Frau

Es gibt drei Phasen die der Ehemann durchführen muß.

1. Phase der Besinnung und der gütigen Ermahnung der Ehefrau

2. Phase des Hagr ( d.h. den Verkehr mit der Frau einstellen )

3. Phase der Hoffnungslosigkeit: Aggressivere Form, damit ist nicht das Schlagen gemeint.

Gemeint ist eine symbolisch erzieherische Maßnahme, was im Scharia als ghair mubarrih ( nicht quälend, nicht verletzend, nicht Schmerz verursachend ) definiert wurde. Brutalität und Körperverletzung werden von allen Rechtsgelehrten kategorisch abgelehnt. Unser Prophet Muhammed hat in vielen Hadithen Handgreiflichkeiten im üblichen Sinne abgelehnt.

b) Maßnahmen im Falle des Nuschuth des Mannes

1. Phase der Besinnung und der gütigen Ermahnung

2. Phase der letzten Warnung: Warnung vor der göttlichen Strafe.

3. Phase der rechtlichen Maßnahmen: Hierbei kann die Frau seine Familienangehörigen benachrichtigen. Wenn sie nicht helfen können, kann sie das Gericht verständigen. Der Richter wird zunächst versuchen, den Mann zum richtigen Verhalten zu ermahnen. Nach Ablauf einer angemessenen Frist verhängt er über ihn eine Strafe z.B. Geldstrafe, körperliche Züchtigung oder Haft. Nach der malikitischen Schule kann der Richter die Frau dazu ermächtigen, sich ihrem Mann zu verweigern. 

II. Scheidungsgründe

1. Scheidungsgründe nach islam. Recht

Scheidung ohne rechtlichen Grund ist verboten. Gründe die die Scheidung rechtfertigen sind für die Hanefiten z.B. Impotenz, Kastration, Mutation des Gliedes, Elefantiasis, Lepra, Geisteskrankheiten, Abfall vom Islam.

Für die Schafeiten ist es ein zusätzlicher Scheidungsgrund, wenn der Mann nicht für den Unterhalt aufkommt.

Die Hanbaliten berücksichtigen ferner, wenn er seine Frau verlässt.

Die Malekiten geben der Frau noch weitere Gründe wie: Schlechte Behandlung der Frau, Schlagen, längere Abwesenheit des Mannes und Gefangenschaft des Mannes.

III. Scheidungsarten

1. Scheidungsarten nach islam. Recht

a) Die widerrufliche Scheidung des Mannes ( Talag ragi )

Diese ist eine einseitige Scheidung des Mannes.

  1. Wenn Ehestörungen auftreten, muß der Mann zunächst die drei Phasen ( siehe I. 1. a) ) durchführen. Führen diese zu keiner Lösung, darf er die Scheidung aussprechen. Dies geht nach der Formel ``Anti talig ,, ( d.h. du bist geschieden, wörtlich: du bist  frei). Durch diese einfache Talag-Formel wird die Ehe nicht geschieden. Sie bewirkt eine vorläufige Trennung, die in der Regel auf drei Monate befristet ist (idda) und sich allein auf Enthaltsamkeit im Geschlechtsverkehr bezieht. Während der idda bleibt die Frau Zuhause. In dieser Zeit haben die beiden die Möglichkeit, sich miteinander zu versöhnen, ohne erneut heiraten zu müssen. Der Talag heisst deshalb widerruflich ( ragi). Nach Ablauf der idda (3 Monate Wartezeit), wenn der Mann sich von seinem Widerrufsrecht nicht Gebrauch gemacht hat, gilt die Ehe als geschieden und heisst daher unwiderruflich (bain). Eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft bedarf in diesem Fall eines neuen Ehevertrages.
  2. Wenn der Ehemann aber nach der ersten Scheidung, bevor die Scheidung rechtskräftig geworden ist, sich mit der Frau versöhnt, darf er ein zweites mal die Scheidung aussprechen, wenn wieder Konflikte auftreten und die 3 Phasen (  siehe I. 1. a) ) nichts gebracht haben. Dann kommt die Zeit der idda, wobei man sich wieder versöhnen kann. Wenn dies nicht geschieht, ist die Scheidung wie bei 1. rechtskräftig und eine Wiederaufnahme der Ehe geht nur durch neuen Ehevertrag.
  3. Wenn der Ehemann aber sich auch nach der zweiten Scheidung in der idda mit der Frau versöhnt hat, hat er noch eine Möglichkeit, die Frau zu scheiden, wenn wieder die drei Phasen (I. 1. a) ) nicht helfen. Diesmal ist die Scheidung aber rechtskräftig. Widerruf ist  nicht mehr möglich. Die Wiederheirat ist  nur möglich, wenn die Frau einen anderen geheiratet hat und wieder geschieden ist. 

aa) Scheidungsverbote

Das Aussprechen der Scheidungsformel dreimal nacheinander; Scheidung während eines Zornausbruchs; Scheidung des Betrunkenen; Scheidung während der Monatsregel der Frau; Scheidung zwischen zwei Monatsregeln, wenn der Mann mit seiner Frau nach Beendigung ihrer vorausgegangenen Regelblutung Geschlechtsverkehr hatte. Da sie möglicherweise Schwanger geworden sein kann, würde er die Meinung vielleicht ändern.   

b) Das Recht der Frau auf Scheidung

1. Aufgrund des Ehevertrages

2. Unter Herausgabe der Brautgabe

3. Richterliche Scheidung: Dem Mann ist verboten, etwas von der Morgengabe einzubehalten, wenn er am  Scheitern der Ehe schuldig ist. Da eine einseitige Scheidung der Frau nicht möglich ist, greift der Richter ein. Die Frau muß die Anklage allerdings beweisen.

IV. Scheidungsverfahren

1. Scheidungsverfahren nach islam. Recht

In den sunnitischen Rechtsschulen ist beim Talag des Mannes keine Zeugen erforderlich. Bei den Schiiten sind 2 Zeugen erforderlich.  

V. Scheidungsfolgen

1. Scheidungsfolgen nach islam. Recht

a) Unterhalt

In der idda muß der Mann Unterhalt zahlen. Mit Ablauf der idda( 3-Monatige Wartezeit) d.h. mit Rechtskraft der Scheidung erlischt die Unterhaltspflicht.

b)Fälligkeit

Nach der idda wird die Morgengabe fällig.

c) Sorgerecht ( Hadanah)

Die Mutter bekommt das Sorgerecht. Fällt sie weg, bekommt die Großmutter mütterlicherseits oder der Vater die Hadanah.

aa) Länge der Hadanah

Die Malekiten sagen bis zur Pubertät des Jungen und der Heirat des Mädchen. Schafeiten lassen dem siebenjährigen Kind die Auswahl, zu welchem Elternteil es gehen möchte. Ansonsten sind sich die Rechtsschulen einig, das es bis zur Pubertät dauert.


Literatur:

Jusuf Al-Quaradawi, Erlaubtes und Verbotenes im Islam Marburg 1989,

Muhammed Ibn Ahmad Rassoul, Die Scheidung nach islamischem Recht 9. Aufl.     Köln  1999,

Abu-Gosh, Salma, Das islamische Unterhaltsrecht nach al-Kasani Frankfurt am Main 1989

El-Bahnassawi, Salim Die Stellung der Frau im Islam München 1993


Quelle: www.ihv-info.de

by Muhammed Faruk