Dschalaluddin
Rumi Leben und Werk faszinieren bis heute |
Dschalaluddin Rumi ist bekannt für seine Poesie der Liebe.
Es ist die Liebe der Sehnsucht, des Zustandes des alastu-bi-rabbikum (d.h. "Bin Ich
nicht euer Herr?", womit Allah taala die gesamte Menschheit anspricht, als die Seelen
vor Allah versammelt waren und alle antworteten mit bala - Ja!" (Quran: al-Araf,
172): der Zustand von Männern und Frauen, denen im Inneren permanent bewußt ist, woher
sie kommen - von ihrem Herren - und ein dauerndes Verlangen haben, in ihre Heimat
zurückzukehren. "Hör auf das (abgeschnittene) Schilfrohr," sagt Rumi zu Beginn
seines großen Gedichtes - des Mathnawi - "denn es erzählt seine eigene Geschichte,
es beklagt seine Getrenntheit." Hier bedeutet das Schilfrohr die Rohrflöte, die den
Gesang des Schilfes, von dem sie stammt, weitergibt; aber es ist auch Rumis Gleichnis der
Menschen: ihrer physische Form, solange sie auf der Erde sind, entspricht der des
Schilfes, und die, die sich ihrer eigenen göttlichen Quelle gegenwärtig sind, sind jene,
die die Musik machen. Ihre Musik ist ihre Erinnerung, ihr Dhikr, aber es sind auch ihr
Leben und ihre Handlungen, die sie mit ihrem Bewußtsein von der Göttlichkeit in Einklang
bringen wollen. Rumi als Konsumgut Rumi wurde von den verschiedensten spirituellen Gruppen des Westen genommen und zu einem Symbol falscher konsumorientierter, d.h. privater Religiosität, gewendet. Die drehenden Mevlevis, die eigentlich die Nähe Allah durch die zentrifugale Kraft des drehenden Tanzes suchen, der durch die Flöte und den Dhikr begleitet wird, wurden zu einem Clip des Euro-News-Kabalkanals degradiert. Sie werden zu Propagandazwecken in den staatlichen türkischen Tourismusbroschüren benutzt, sie wurden zu wenig mehr als professionellen Tanzzwecken benutzt, um auf den Bühnen der Welt die gelangweilte Intelligenz zu unterhalten. Es ist ironisch, daß die Neue-Welt-Ordnung die sufischen Orden Rumis zu ihren Freunden erklärt. Die sufischen Gemeinschaften (Tariqats) sind in Wirklichkeit die einzigen nicht-integrierbaren Lebensformen, die die Neue-Welt-Ordnung herausfordern können. In den dunkelsten Tagen des Kommunismus beklagten sich die russischen Behörden, daß die sufischen Gemeinschaften die einzigen waren, die nicht in die Staatsstrukturen integrierbar - und somit kontrollierbar - waren. Die sogenannten Derwische in den Theatern von New-York, Paris und London standen traditionell immer unter der Führung eines Sufi-Schaikhs und diese Sufi-Schaikhs waren per Definiton Schaikhs des äußeren und des inneren Wissens. Es gibt erst seit einigen Jahrzehnten den Versuch der Orientalisten und anderer, eine Mystik zu schaffen, getrennt vom islamischen Recht, mit der Aussage, die Haqiqat könne ohne die Schariat existieren. Der "Dscham" - die Einheit mit Allah in der Sprache der Sufis macht nur Sinn mit der Akzeptanz und der Fähigkeit des Umganges (im Sinne von Handlungen) mit dem "Farq" - die Trennung der Menschen in der erscheinenden Vielfalt der Schöpfung. Schariat und Haqiqat Dschalaluddin Rumi wurde in Balkh, im heutigen Afghanistan, im Jahre 1207 - an der Grenze zu den modernen Staaten Usbekistan und Tadschiskistan im Norden und Turkmenistan im Westen - geboren. Wie sein Vater Bahauddin Walid war er ein gelehrter Professor in einer angesehen Madrassa, die selbst Teil eines größeren Moscheenkomplexes war. Er war gebildet im Arabischen, gut im Halten der Khutba (Freitagspredigten), er lehrte Quran und Quran-Kommentar und war bekannt für sein Aufrechterhalten der Regeln der Schariat. Er war - kurz gefaßt- jemand, der in unserer Zeit, wenn nicht gar als Fundamentalist, so doch als sehr strenger und geradliniger Muslim angesehen würde. Es ist schwerlich hilfreich, Maulana Rumi als einen Mystiker zu bezeichnen, da seine Lehren einen Körper des Wissens über die menschlichen Zustände formen, die trotz ihrer poetischen Form sowohl systematisch als auch wissenschaftlich sind. Wie kommt es dann, daß er zu diesem leerem Symbol wurde? Es ist derselbe Prozeß, durch welchen Wagners Musik in ein Konsumprodukt verwandelt wurde und seine Lehre - die für Wagner das wichtigste war - unterdrückt wurde. Für Rumi gab es nur ein Ziel; die Anbetung Allahs. Er hatte als Lehrer auch andere Ziele, aber diese waren mit dem höherrangigen verbunden - als Lehrer war er damit beschäftigt, Männer und Frauen mit verschiedenem Wissen zu erziehen. Es gibt so viele Wege zu Allah, wie es Männer und Frauen gibt, und zu jedem muß in der Sprache gesprochen werden, die er/sie versteht. Rumi schmiedete seine Verse vorsichtig, so daß er jedes erreichbare menschliche Geschöpf ansprechen konnte. Aber sein Ziel war es immer, die Zuhörer - wie einfach sie auch sein mögen - zu einem höheren Verstehen zu bringen. An keiner Stelle seiner Dichtung wird die Schariat in Frage gestellt; im Gegenteil wird von hunderten seiner Gedichte deutlich, daß spirituelles Wissen unmöglich ist, ohne die Fundierung in der Schariat. Die Schariat sichert die grundlegende Reinigung von Mann, Frau und der Gesellschaft, ohne die jeglicher spiritueller Fortschritt nicht erreichbar ist. Imam Ghazzali, der Lehrer für Islamische Wissenschaften an der Universität von Baghdad war, legte seinen Posten und seine soziale Postition ab und wurde ein Derwisch. Obwohl er ein Sufi wurde, wies er niemals die Schariat zurück; mehr noch: Er wurde zu einem noch leidenschaftlicheren Verteidiger des Rechtes und war in der Lage, das enorme innere Wissen des Derwisch-Seins aufzunehmen, indem er dieses neue Wissen in Bezug und Verbindung setzte zu dem großen Meer des äußeren Wissens, in welchem er gelehrt war. Rumi war bekannt
dafür, daß er in der Lage war, Rechtsurteile abzugeben, während er sich im drehenden
Tanz befand - dies ist kein Zeichen, daß das der normale Ort für Rechtsurteile ist, aber
eine Hinweis für den Grad an Nüchternheit, den er mit der Trunkenheit des Tanzes
kombinieren konnte. |
Als der Qadi Ibn Ruschd - Autor des Bidajat
al-Mujtahid, einer Zusammenfassung der Wissenschaften der Schariat - Ibn al-Arabi traf,
erkannte der erste die größere Weite seines Zeitgenossen an. Es ist wichtig zu erkennen,
daß beide Männer nüchterne und respektierte Mitglieder der höheren Gesellschaft
Cordobas waren. Wir dürfen nicht den ignoranten und unverantwortlichen Fehler der
modernen Gesellschaft wiederholen, indem wir einzelne Teile des Daseins oder Wissens der
Menschen (z.B. der Tanz Rumis) über andere herausheben, ohne den sozialen Kontext, aus
dem diese Charakteristika stammen, zu erkennen. Rumi würde die Männer, die seinen Tanz
auf der New Yorker Bühne aufführen, sicherlich kaum wiedererkennen. Man kann keine Teile
- wie Schlagworte - aus dem Mathnawi nehmen, da Rumi eine Lehrmethode hatte, die ein
einheitliches Ganzes bildeten. Das Mathnawi ist ein Gewebe, ein Teppich; häufig beginnen
eins, zwei oder drei Geschichten und nur mit der vierten Geschichten wir die erste
abgeschlossen. Das Mathnawi ist dem Quran nicht unähnlich in Bezug auf die inander
verwobene Einheit. Rumis Vater - möglicherweise bewußt der Bedrohung durch eine
mongolische Invasion, die bald Balkh zerstören würde - wanderte mit seiner Familie
zuerst nach Chorassan in Ostpersien, dann Syrien und schließlich nach Mittelanatolien -
dem alten Rum - in den frühen zwanziger Jahren aus. Die Familie siedelte sich am Anfang
in Laranda (dem heutigen Karaman) an, zog dann aber nach Konya um. Dieses war die
Hauptstadt des Seldschuken Sultanats, wo sein Vater eingeladen wurde, in einer der vielen
Madrassas zu unterrichten. Quelle: Islamische Zeitung
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